Ein Thema, das hier im Forum eigentlich gar nicht sooo ausführlich, sondern geradezu stiefmütterlich behandelt wird, sind die Inselbahnen.
Warum ist das so??? Ich weiß es nicht, aber da ich gerade am vergangenen Wochenende für einen kurzen Urlaub auf Langeoog weilte, dachte ich mir, da kann man doch was tun und was ändern.
Wie Ihr alle wisst, mache ich keine Fotos und habe auch keine Sammlung, aber ich versuche die Betriebssituation so zu beschreiben, wie ich sie vorgefunden habe. Vielleicht kann ja der ein oder andere den Bericht mit Bildern bereichern, damit wir wieder eine HiFo-mäßige Gemeinschaftsaktion auf die Beine stellen können.
So, Schluß mit dem langen Vorgeplänkel und los geht's:
Ich habe schon immer gerne Urlaube auf den Nordseeinseln verbracht und 1985, nach dem Bestehen der Kaufmannsgehilfenprüfung sowie der (zugegebenermaßen sehr, sehr kurzen) Wehrdienstzeit habe ich einen kleinen Urlaub auf Langeoog verbracht - eine Insel, die mir im Laufe der Jahre sehr an's Herz gewachsen ist.
Langeoog ist von Bremen aus gut erreichbar über Sande und Esens, damals fuhren noch "richtige" Züge mit V 100 von Sande aus, teilweise auch Vt98 - vor kurzem gab es hier in diesem Forum ja einen Bericht über die Küstenbahn.
Ab Esens nach Bensersiel ging es dann auch mit einer "Eisenbahn" - dem Bus "Jan Klein" der Kreisbahn Aurich, die die Konzession für den Verkehr hatte.
Mit dem modernen Großfährschiff der Inselgemeinde ging es dann recht flott auf die Insel und dort wartete schon die knallbunte Inselbahn an den modernen Umschlaganlagen.
Vorne und hinten rote Triebwagen und dazwischen grüne, blaue, gelbe, beige und was weiß ich für welche Farben noch, Wagen - z.T. Eigenbauten, z.T. von anderen "Kleinbahnen" übernommen.
Zwischen dem hinteren Triebwagen und den Personenwagen war dann noch ein Flachwagen für den Gepäckcontainertransport eingestellt.
Es wartete also ein richtiger Wendezug auf uns, wobei jedoch immer nur der führende Triebwagen die Traktion übernahm.
Von Langeoog aus Richtung Hafen fuhr der Zugstamm meistens in folgender Reihung:
Talbot Vt der ehemaligen KAE (mit Türen nur auf der rechten Seite!.)
Containertragwagen mit Seitenklappen
6-7 Personenwagen, darunter ein interessanter Doppelwagen (blau) mit Faltenbalg, kurzgekuppelt und exotisch)
Und als letztes Fahrzeug in Richtung Langeoog war der starke Fuchs-Triebwagen eingereiht.
Das hatte auch seinen Grund: vom Hafen aus geht es in einer, für die Verhältnisse einer Inselbahn, empfindlichen Steigung auf Höhe der Deichkrone. Und mit den ganzen Wagen im Schlepp hatte der starke Triebwagen gut zu tun - hat er aber immer souverän geschafft mit seinen 2 x 210 PS Büssing-Motoren und dem Voith-Diwabus-Getriebe.
Eine Eigenart war dann noch, dass nach Erklimmen der Deichkrone und dem Beginn der Beharrungsfahrt in der Ebene zwischen Hafen und Dorf immer ein Motor abgestellt und ausgekuppelt wurde (das wechselte übrigens, um die Motoren gleichmäßig zu belasten). Sparsam sind sie ja, die ostfriesischen Insulaner!
Ich hatte es ja schon oben weiter kurz erwähnt: die Türen aller Fahrzeuge zeigten in Richtung Hafen nur zur rechten Seite - Einstieg am Bahnhof rechts, Ausstieg am Hafen auch rechts.
Der Zugstamm lief immer so den ganzen Tag über, war fest mit Schaku verbunden, der Zugstamm war komplett mit Luft gekuppelt, allerdings besaßen nicht alle Fahrzeuge eine wirksame Bremse.
Die Höchstgeschwindigkeit lag bei (angeschriebenen) 25 km/h und auf der ungefähr 3 km langen Strecke wurden 3 Bü gekreuzt, wo die Radler und Fußgänger - manchmal auch E-Karren (Langeoog ist eine autofreie Insel) mit einem sonoren Tuten gewarnt wurden.
Kamen einmal mehr Fahrgäste vom Festland auf die Insel, als der Zugstamm fassen konnte, gab es verschiedene Möglichkeiten, die Kapazität zu vergrößern:
1. Man gab dem Zugstamm den schwächeren, einmotorigen Triebwagen der Euskirchener Kreisbahn mit, der noch hinter dem Fuchs-Triebwagen in Richtung Dorf im Zug eingereiht wurde und, nachdem er voll war, vom Zugstamm getrennt als Vorzug zum Dorf fuhr.
2. Es gab (und das passierte öfter) die Reservegarnitur aus 3 alten Plattformwagen der Steinhuder-Meer-Bahn, die mit einer Diesellok (auf Langeoog alle als Kö bezeichnet) bespannt wurden.
An Diesellokomotiven hatte die Inselbahn auch ein wahres Sammelsurium zur Verfügung.
Im Güterverkehr mit den schon damals üblichen Flachwagen (überwiegend 4-achser) wurde meistens die von der Inselbahn Spiekeroog übernommene Schöma-Maschine mit Mittelführerhaus und noch immer mit ihrer grünen Lackierung fahrend eingesetzt.
Ganz selten habe ich zu der Zeit eine der älteren Schömas dort im Einsatz gesehen.
Inselbahn Langeoog 1. Teil
Re: Inselbahn Langeoog 1. Teil
Wieder mal ein sehr schöner Beitrag von Dir. Da Langeoog zu meinen Lieblingsbahnen gehört(e) kann ich hier einige Fotos aus den Jahren 1977 bis 1984 beisteuern:
Der alte Anleger vom Schiff aus gesehen
und von Land (Fotos Harald Kindermann)
einige Jahre später dann die beschriebene Zuggarnitur mit dem Fuchs-Triebwagen
hier am Ende der Steigung vom Hafen
und kurz vor dem Dorfbahnhof. Die Personenwagen waren übrigens keine Eigenbauten, der erste blaue Doppelwagen (VB 5+6) mit Auwärter-Aufbau stammt von der WEG (Amstätten-Laichingen). Dahinter kommen zwei Wagen (VB 3+4) mit KAE-Fahrgestell, die bei der Bremer Waggonbau neue Wagenkästen erhalten haben. Dann kommen zwei KAE-Beiwagen (VB 1+2), die bereits in Altena für den Einsatz mit den Talbot-Triebwagen mit neuen Wagenkästen ausgerüstet wurden. Dann kommt der mit Eigenbau-Aufbau versehene Gepäckwagen 8.
Damals fuhren die Personale auf den Triebwagen noch in kleinbahnmäßiger Uniform
Bei den im Güterverkehr eingesetzten Personalen war die Kleidung etwas legerer
Güterzug vom Hafen zum Dorf, die Lok fährt heute auf der Achenseebahn.
Damals war auch die Schöma-Draisine noch im Einsatz für Betriebsfahrten und im Winterverkehr
Die Werkstatt war auch Kleinbahniger als heute, aber schon sehr ausgedehnt. Hier steht die Reserve-Garnitur bestehend aus den letzten drei Weyer-Wagen Nr. 2, 5 und 4 vor den Hallen
während Werstattmeister Voss dem Unkrautspritzwagen neue Düsen verschafft
nach der Rückfahrt zum Hafen
fuhr der Fuchs-Triebwagen oftmals solo ins Dorf zurück (im Hintergrund zu erkennen)
1984 zeigte sich der Zug bereits am neugestalteten Anleger
Der alte Anleger vom Schiff aus gesehen
und von Land (Fotos Harald Kindermann)
einige Jahre später dann die beschriebene Zuggarnitur mit dem Fuchs-Triebwagen
hier am Ende der Steigung vom Hafen
und kurz vor dem Dorfbahnhof. Die Personenwagen waren übrigens keine Eigenbauten, der erste blaue Doppelwagen (VB 5+6) mit Auwärter-Aufbau stammt von der WEG (Amstätten-Laichingen). Dahinter kommen zwei Wagen (VB 3+4) mit KAE-Fahrgestell, die bei der Bremer Waggonbau neue Wagenkästen erhalten haben. Dann kommen zwei KAE-Beiwagen (VB 1+2), die bereits in Altena für den Einsatz mit den Talbot-Triebwagen mit neuen Wagenkästen ausgerüstet wurden. Dann kommt der mit Eigenbau-Aufbau versehene Gepäckwagen 8.
Damals fuhren die Personale auf den Triebwagen noch in kleinbahnmäßiger Uniform
Bei den im Güterverkehr eingesetzten Personalen war die Kleidung etwas legerer
Güterzug vom Hafen zum Dorf, die Lok fährt heute auf der Achenseebahn.
Damals war auch die Schöma-Draisine noch im Einsatz für Betriebsfahrten und im Winterverkehr
Die Werkstatt war auch Kleinbahniger als heute, aber schon sehr ausgedehnt. Hier steht die Reserve-Garnitur bestehend aus den letzten drei Weyer-Wagen Nr. 2, 5 und 4 vor den Hallen
während Werstattmeister Voss dem Unkrautspritzwagen neue Düsen verschafft
nach der Rückfahrt zum Hafen
fuhr der Fuchs-Triebwagen oftmals solo ins Dorf zurück (im Hintergrund zu erkennen)
1984 zeigte sich der Zug bereits am neugestalteten Anleger
Viele Grüße,
Christian
Christian
Re: Inselbahn Langeoog 1. Teil
Der Bahnbetrieb machte auf mich immer einen faszinierenden Eindruck. Während der schönen Jahreszeit war dort immer etwas zu sehen und immer Betrieb. Der Personenzugstamm pendelte zwischen Dorf und Bahnhof, manchmal auch noch spät am Abend, wenn Sonderschiffe eintrafen (damals funktionierte der Helgolandverkehr noch!.) - meistens wurde dann nur ein Triebwagen eingesetzt, wenn nicht viel Fahrgäste kamen oder wenn die "Lilli Marleen" - das kleinste der Fährschiffe - noch mit ein paar Spätankömmlingen von Bensersiel eintraf.
Am Hafen fuhren die Züge noch bis weit auf den holzbeplankten Teil, der heute kaum mehr von Zügen befahren wird.
Später kam dann der Talbot-Triebwagen von der Inselbahn Juist dazu (der Schwestertriebwagen von der ex KAE), so dass - zusammen mit auch vorhandenen Beiwagen der KAE - eine schöne Garnitur gebildet werden konnte. Aber am imposantesten war doch immer der sonore Klang des Fuchs-Triebwagens.
In Erinnerung ist mir aber auch das leichte "röcheln" der Deutz Motoren der beiden Talbot Triebwagen, wenn geschaltet wurde - das war eben Langeoog-typisch und ist heute leider vorbei.
Heute ist der Betrieb der Inselbahn noch mehr durchrationalisiert, es verkehren moderne, auf alt getrimmte, Wagengarnituren als vollwertige Wendezüge mit je einer modernen Schöma-Lok vorne und hinten, insgesamt stehen 5 dieser modernen, abgasarmen Loks zur Verfügung, für den Güterverkehr auch die eine der älteren, dafür aber modernisierten Ur-Schöma Loks der Inselbahn, und, wenn ich mich nicht täusche, auch die urige Schöma der ehemaligen Inselbahn Spiekeroog.
Am Hafen fuhren die Züge noch bis weit auf den holzbeplankten Teil, der heute kaum mehr von Zügen befahren wird.
Später kam dann der Talbot-Triebwagen von der Inselbahn Juist dazu (der Schwestertriebwagen von der ex KAE), so dass - zusammen mit auch vorhandenen Beiwagen der KAE - eine schöne Garnitur gebildet werden konnte. Aber am imposantesten war doch immer der sonore Klang des Fuchs-Triebwagens.
In Erinnerung ist mir aber auch das leichte "röcheln" der Deutz Motoren der beiden Talbot Triebwagen, wenn geschaltet wurde - das war eben Langeoog-typisch und ist heute leider vorbei.
Heute ist der Betrieb der Inselbahn noch mehr durchrationalisiert, es verkehren moderne, auf alt getrimmte, Wagengarnituren als vollwertige Wendezüge mit je einer modernen Schöma-Lok vorne und hinten, insgesamt stehen 5 dieser modernen, abgasarmen Loks zur Verfügung, für den Güterverkehr auch die eine der älteren, dafür aber modernisierten Ur-Schöma Loks der Inselbahn, und, wenn ich mich nicht täusche, auch die urige Schöma der ehemaligen Inselbahn Spiekeroog.
Re: Inselbahn Langeoog 1. Teil
und hier noch ein paar aktuelle Fotos der Inselbahn zum 2. Teil:
Der Blick vom Schiff auf den Anleger ist heute weniger reizvoll
Die heutige Abfertigungsanlage am Anleger
Ebenfalls komplett neu errichtet wurde der Dorfbahnhof
Betriebsleiter Oltmann Ammermann zeigt stolz die neue Gepäckabfertigung
im Vergleich dazu ein Foto aus dem Jahr 1978
Der heutige Güterzug mit der aus Spiekeroog stammenden Schöma-Lok
Einer der Wendezüge Abfahrbereit am Inselbahnhof
Der Blick vom Schiff auf den Anleger ist heute weniger reizvoll
Die heutige Abfertigungsanlage am Anleger
Ebenfalls komplett neu errichtet wurde der Dorfbahnhof
Betriebsleiter Oltmann Ammermann zeigt stolz die neue Gepäckabfertigung
im Vergleich dazu ein Foto aus dem Jahr 1978
Der heutige Güterzug mit der aus Spiekeroog stammenden Schöma-Lok
Einer der Wendezüge Abfahrbereit am Inselbahnhof
Viele Grüße,
Christian
Christian