Die Geschichte des T 43 (ehem. T1 der Rendsburger Kreisbahn)

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Christian
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Die Geschichte des T 43 (ehem. T1 der Rendsburger Kreisbahn)

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Vorgeschichte

Frühzeitig in der Geschichte der deutschen Eisenbahnen wurde schon über Möglichkeiten nachgedacht, den aufwendigen Dampfbetrieb zu vereinfachen oder durch andere Antriebsarten abzulösen. Insbesondere für schwach frequentierte Strecken wurde von der Lokomotivfabrik Borsig schon 1854 ein Dampfwagen hergestellt. Ab 1861 stand mit der Erfindung des Gasmotors durch Lenoir eine erste alternative Kraftquelle zum Dampfantrieb zur Verfügung.

Es dauerte jedoch noch bis 1880, bis die HANOMAG das erste mit Verbrennungsmotor angetriebene Schienenfahrzeug baute. Der erste Triebwagen entstand 1887 durch Gottlieb Daimler. Schwachpunkt dieser frühen Entwicklungen war hauptsächlich die Kraftübertragung. Ein Verbrennungsmotor benötigt gegenüber dem Dampfantrieb eine Kupplung zum Anfahren und Anhalten, sowie ein Schaltgetriebe zum Anpassen der Drehzahl des Motors an die Fahrgeschwindigkeit. Leistungsfähige Getriebe waren in der Anfangszeit noch nicht vorhanden, so daß die Entwicklung der Triebwagen mehr vom Bau von Elektrotriebwagen beeinflußt wurde, deren Herstellung ab 1895 von MAN und den Siemens-Schuckert-Werken eingeleitet wurde.



Der AEG-Triebwagenbau

Seit 1907 werden von der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) in Berlin Verbrennungstriebwagen mit benzol-elektrischem Antrieb hergestellt. Die Motoren stammen dabei von der 1901 übernommenen AEG-Tochter NAG (Neue Automobil-Gesellschaft, ab 1915 Nationale Automobil-Gesellschaft).

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Bei den Verbrennungstriebwagen wird mit einem durch den Benzolmotor angetriebenen Generator Strom erzeugt, der dann wie in einem Elektrotriebwagen über Fahrschalter und Vorwiderstände dem Antriebs-Elektromotor zugeführt wird. Eine solche Antriebsform, allerdings mit Dieselmotor kann an der Diesellokomotive V4 des Kleinbahnmuseum Bruchhausen-Vilsen im Betrieb besichtigt werden. Derartige Konstruktionen fielen in der Regel recht schwer aus, was den Einsatz auf vielen Strecken unmöglich machte. Es waren einfachere und leichtere Konstruktionen nötig, um Triebwagen in größeren Stückzahlen verkaufen und bei den potentiellen Kunden - Kleinbahnen mit wenig Verkehrsaufkommen - einsetzen zu können.

Nach dem ersten Weltkrieg mußten in der deutschen Industrie nach Abschluß des Versailler Vertrages neue Wege, neue Produkte als Ersatz für die Rüstungsproduktion gesucht werden. Insbesondere die Deutschen Werke Kiel (DWK), hervorgegangen aus der vormaligen Kaiserlichen Torpedowerkstatt in Kiel, haben mit ihrem 1921 aufgestellten Typenprogramm für benzol-mechanische Triebwagen und den Verkaufserfolgen mit den selbstentwickelten und vollständig selbstgebauten Fahrzeugen und Antrieben die Konkurrenz unter Druck gesetzt.

Bei der AEG sucht man sich 1921 einen Partner für den Triebwagenbau und findet diesen in den Linke-Hofmann-Werken, die ab 1922 nach Übernahme eines Stahl-und Hüttenwerkes als Linke-Hofmann-Lauchhammer AG (LHL) firmieren. In Zusammenarbeit mit LHL wird von der AEG ebenfalls ein Typenprogramm entwickelt für Triebwagen mit benzol-mechanischem Antrieb.

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Die Motoren sowie die neuentwickelten Schaltgetriebe, Wendegetriebe und Achsantriebe stammen von der NAG. Zum Einsatz kommen in der Regel Sechszylinder-Motoren mit 75 PS vom Typ Kl 10 z, die der PKW- bzw. LKW-Produktion entstammen.

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Die halbautomatischen Schaltgetriebe sind druckluftgesteuert und haben ständig im Eingriff stehende Zahnräder. Geschaltet wird nur über vier Reibungskupplungen, die ein einwandfreies Schalten ermöglichen. Zur Ausführung kommen zwei- und vierachsige Fahrzeuge mit ein oder zwei Antriebsanlagen. Die Verkaufserfolge stellten sich jedoch nicht in den gewünschten Maßen ein, so daß die AEG neue Partner suchte, um in der durch Reparationsleistungen und Inflation geprägten Zeit besser über die Runden zu kommen. Der Partner fand sich in den DWK, dem größten Konkurrenten im Triebwagenbau. 1926 wurde zusammen mit der DWK die Triebwagenbau AG (TAG) mit Sitz in Kiel gegründet, die Partnerschaft mit LHL wurde gelöst und der Triebwagenbau wanderte größtenteils von dem Kölner LHL-Werk nach Kiel. In die TAG brachte die AEG ebenfalls den Getriebebau für Triebwagen der NAG mit ein, die von der DWK/TAG weiterentwickelt und dann in Kiel gefertigt wurden.

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Der Erfolg der TAG hält sich ebenfalls in bescheidenem Rahmen, so daß sich die AEG aus dem Triebwagenbau zurückzieht und der DWK die TAG überläßt. Im Jahre 1937 wird die TAG aufgelöst und geht vollständig auf die DWK über. Die AEG-Tochter NAG wird aufgeteilt, die LKW-Produktion wird 1931 von Büssing in Braunschweig übernommen, die PKW-Produktion wird 1934 ganz eingestellt. Der Name NAG lebt noch bis 1950 unter der Firmenbezeichnung Büssing-NAG weiter.
Überlebt haben bis heute die Rechtsnachfolgerin der DWK, die Maschinenbau Kiel GmbH (MaK) in Kiel, sowie die Linke-Hofmann-Busch AG (LHB) in Salzgitter als Nachfolgerin der LHL. Im Zeitraum 1921 bis 1928 wurden unter Regie der AEG 107 Öltriebwagen hergestellt, davon 66 für ausländische Eisenbahnen
Viele Grüße,
Christian
Christian
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Re: Die Geschichte des T 43 (ehem. T1 der Rendsburger Kreisbahn)

Beitrag von Christian »

Die Benzol-Triebwagen der Rendsburger Kreisbahn

Die Rendsburger Kreisbahn betrieb seit dem 20. Dezember 1901 eine meterspurige Kleinbahn von Rendsburg nach Hohenwestedt, die 1916 bis Schenefeld verlängert wurde. Die Bahn verläuft durch flaches, überwiegend landwirtschaftlich genutztes Land und verbindet die Region nach Überbrückung des Nord-Ostseekanals mit der Kreisstadt. Der Personenverkehr war auf die Kreisstadt ausgerichtet und insgesamt nicht übermäßig stark. Die Züge bestanden durchschnittlich aus zwei Personenwagen und einem Packwagen. Für die 30 km lange Strecke von Rendsburg bis Hohenwestedt waren lange Fahrzeiten von 90 bis 110 Minuten mit den Dampflok bespannten Personenzügen üblich. Die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit lag bei ca. 16 km/h. Daher wurde schon frühzeitig nach Lösungen gesucht, den Personenverkehr attraktiver und damit vor allem schneller zu machen. 1924 wurden bereits von der Flensburger Kleinbahn zwei vierachsige Benzoltriebwagen für Meterspur bestellt. Der Kreis Rendsburg folgte und bestellte 1925 zwei Triebwagen gleicher Ausführung, die als Typ �Flensburg� bezeichnet wurden. Anfangs sollten ebenfalls zwei Beiwagen bestellt werden, jedoch entschloß man sich, vier vorhandene Personenwagen zu Triebwagenbeiwagen umzubauen.

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Die neuen als T1 und T2 bezeichneten Triebwagen waren mit 40 km/h in der Lage, die Strecke in 60 Minuten zurückzulegen. Sie verfügten über 24 Sitzplätze für Raucher und 16 Sitzplätze für Nichtraucher, 6 Notsitze sowie 25 Stehplätze. Die Ausstattung entsprach im wesentlichen der von den Personenwagen.

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Überhaupt wurden die Triebwagen seinerzeit noch den Personenwagen zugeordnet, weshalb sie wie die Personenwagen einen grünen Anstrich erhielten. Der Antrieb erfolgte mit einem 75 PS starken Sechszylindermotor der NAG, der mit Benzol oder Leichtbenzin betrieben werden konnte. Zur Kühlung des Motors wurde an einem Wagenende ein Kühler für das Kühlwasser installiert. Zwar wurde der Luftstrom durch einen hinter dem Kühler angeordneten Ventilator unterstützt, jedoch hatte man für die Rückwärtsfahrt eine besondere Anordnung vorgesehen: Hierfür wurde die vor dem Kühler befindliche Jalousie verschlossen, und dafür eine Klappe nach oben geöffnet, durch die Luft aus einem auf dem Dach montierten Trichter durch den Kühler strömte. Dadurch wurde die bei anderen Herstellern bis dahin übliche störanfällige Anordnung der Kühler auf dem Dach vermieden. Allerdings muß durch den Lüftungskanal eine schlechtere Streckensicht in Kauf genommen werden.

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Als Getriebe wurde ebenfalls das von der NAG entwickelte, halbautomatische Viergang-Getriebe eingebaut. Die Heizung des Wagens erfolgte ausschließlich durch das Kühlwasser des Motors und nicht, wie ab den dreißiger Jahren üblich, mit zusätzlicher Ofenheizung.

Die Triebwagen bewährten sich außerordentlich gut und verkehrten oft auch mit zwei bis drei Beiwagen.
Die Beiwagen entstanden aus vier Personenwagen, die 1925 in der Kleinbahnwerkstatt in Rendsburg umgebaut wurden. Diese Wagen wurden mit Druckluftbremse, Rollenlagern, elektrischer Beleuchtung und Ofenheizung ausgerüstet. Bei zwei Wagen wurde zusätzlich ein Gepäckabteil mit seitlichen Schiebetüren eingebaut. Von den Beiwagen ohne Gepäckabteil ist der Wagen Nr.6 erhalten und wird im Kleinbahnmuseum als Beiwagen zum T43 (ehem. T1 der RK) im Zustand von 1925 ausgestellt.

Von 1925 bis ca. 1930 verkehrten die Züge in grüner Lackierung, danach wurde in Anlehnung an das neue Reichsbahnfarbschema ein rot-beiger Anstrich für die Triebwagen und Beiwagen gewählt.

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Ende der dreißiger Jahre waren inzwischen betriebssichere Dieselmotoren entwickelt und bereits in viele Triebwagen eingebaut worden, so daß sich die RK entschloß, ihren T1 mit einem Dieselmotor auszurüsten. Durch die niedrige Drehzahl von 950 Umdrehungen pro Minute des NAG-Motors, standen nicht viele Motoren zur Auswahl, um diesen ersetzen zu können. 1939 wurde ein Dieselmotor vom Typ 6V18V der DWK mit 80 PS bei 950 Umdrehungen pro Minute eingebaut. Man versprach sich niedrigere Betriebskosten durch den geringeren Verbrauch an Kraftstoff. Die Leistung bei der geringen Drehzahl war nicht wesentlich höher als vorher und das Getriebe war auch schon einige Jahre im Dienst, so entschloß sich die Rendsburger Kreisbahn 1942 die restliche Antriebsanlage auch noch umzubauen.

Die Motordrehzahl wurde auf 1200 Umdrehungen pro Minute erhöht, die Leistung stieg auf 105 PS. Das ursprüngliche NAG-Wendegetriebe wurde zum Vorgelege umgebaut und zwischen Motor und Getriebe gesetzt. Das ursprüngliche 75 PS-NAG-Schaltgetriebe wurde durch ein 200 PS-DWK-Getriebe vom Typ TB 20 ersetzt. Dieses Getriebe war eine verstärkte Weiterentwicklung des ursprünglichen NAG-Getriebes. Durch die neue Anordnung war ein Austausch des Triebgestelles und des Laufgestelles erforderlich, da die jetzt längeren Kardanwellen eine andere Anordnung nicht zuließen. Als Nachteil wurde damit eine geringere Achslast von 3t statt bisher 6t eingekauft, da der Motor nicht mehr über dem Antriebs-Drehgestell lastete, was eine geringere Zugkraft zur Folge hatte. Bei beiden Triebwagen wurden 1942 beim T1 bzw. 1943 beim T2 die Lufthauben von Dach entfernt und die Stirnwand auf der Motorseite umgebaut.

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Ob dieser neue Antrieb besser oder schlechter als der alte war, ist nicht überliefert, jedenfalls behielt der T2 seine alte Anlage bis 1949, wo lediglich ein Dieselmotor vom Typ DWK 6V18V eingebaut wurde, die Getriebeanordnung jedoch blieb.
Viele Grüße,
Christian
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Re: Die Geschichte des T 43 (ehem. T1 der Rendsburger Kreisbahn)

Beitrag von Christian »

Ab 1954 wurde vom Kreistag über den Ersatz der Strassen-Drehbrücke über den Nord-Ostseekanal, über die auch die Rendsburger Kreisbahn verkehrte, beraten. Neben einigen Vorschlägen für eine Hochbrücke wurde jedoch eine Tunnellösung durchgesetzt. Während die Hochbrücken-Varianten sogar Fahrstühle für Pferdefuhrwerke vorsahen, bei der Tunnel-Variante immerhin noch die Schwebfähre für Fußgänger und Pferdefuhrwerke verblieb, mußte die Rendsburger Kreisbahn 1957 den Verkehr einstellen, als die Drehbrücke außer Betrieb genommen wurde.

Hier noch zwei Fotos an der Drehbrücke:

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Verkauf an die Sylter Verkehrsgesellschaft

Dennoch ist es dem robusten Antrieb zu verdanken, daß der T1 zusammen mit zwei Beiwagen an die Sylter Inselbahn verkauft wurde, während der T2 als Beiwagen umgebaut an die Kleinbahn Emden-Pewsum-Greetsiel verkauft und 1963 verschrottet wurde. Auf Sylt erfuhr der ehemalige T1 - dort als T23 bezeichnet - wieder einen Umbau, diesmal zu einem Straßenbahnfahrzeug. Insbesondere die Bremsanlage wurde völlig umgebaut. Zum Einsatz kamen unter anderem gängige LKW-Bremsteile. Ebenfalls wurde die Auspuffanlage vom Auspuffschacht im Wageninneren mit dem charakteristischen Austritt über dem Wagendach nach außen verlegt. Nun schmückte ein nacktes, rostiges Auspuffrohr die Stirnfront.
Vor dem Ende der sechziger Jahre wurde noch einmal ein anderer Motor eingebaut. Diesmal war es ein Büssing S13 mit maximal 180 PS, der jedoch auf 120 PS bei 1200 Umdrehungen pro Minute gedrosselt war. Dieser Motor wurde schon 195? gebaut, so daß die Sylter Verkehrsbetriebe diesen vermutlich gebraucht aus einem ihrer Busse oder LKW eingebaut haben.
So versah der T23 bis 1971 den Dienst auf Sylt, bis er zur Selfkantbahn bei Aachen gelangte. Bei der dortigen Museumsbahn war eine Aufarbeitung nicht möglich, so daß er 1981 an das Kleinbahnmuseum in Bruchhausen-Vilsen abgegeben wurde.

Bedeutung im Kleinbahnmuseum

Der T 43 des Kleinbahnmuseum Bruchhausen-Vilsen ist zusammen mit dem zweiachsigen AEG-Triebwagen VT 24 des VVM in Schönberg der älteste erhalten gebliebene Verbrennungstriebwagen in Deutschland. Aufgrund der frühen Konstruktion und der Bedeutung für die weitere Triebwagenentwicklung in Deutschland steht der T 43 als wichtiges Exponat für die Frühzeit des Triebwagenbau und -verkehrs in Deutschland. Der Wagen ist noch deutlich geprägt von den Konstruktionsmerkmalen des Personenwagenbaus der zwanziger Jahre. Der Rahmen ist in genieteter Ausführung und mit einem Eichenholz-Aufbau versehen worden. Erst die späteren Triebwagen-Entwicklungen lösen sich von der Personenwagenherstellung und gehen neue Wege.

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Im Kleinbahnmuseum Bruchhausen-Vilsen können damit die wesentlichen Entwicklungen im Triebwagenbau dargestellt werden: Für die Anfänge des Serienbaus steht der T 43, der T 42 dokumentiert den Triebwagenbau in den dreißiger Jahren, der bestimmt wurde durch Stahlkonstruktionen und Schweißtechnik. Nach 1945 entstanden selbsttragende Karosserien wie am T 44 dargestellt werden kann. Als Abschluß der Kleinbahn-Entwicklungen entstanden in den sechziger Jahren Schlepptriebwagen, als Beispiel hierzu dient der T 45. Als Ergänzung zur Triebwagengeschichte kann mit dem T 41 eine spezielle Kleinbahn- bzw. Nebenbahnvariante des Triebwagens, der Schienenbus gezeigt werden.
Bei der anstehenden Restaurierung wird der T 43 daher weitestgehend in den Ursprungszustand von 1925 zurückversetzt werden müssen, um mit den anderen Triebwagen im Kleinbahnmuseum die Triebwagengeschichte von 1925 bis 1966 darstellen zu können.

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Literaturverzeichnis:

Bauer, Dipl.-Ing. Wilhelm: Diesellokomotiven und ihr Antrieb, München 1925
Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft: Glasers Analen 1913 bis 1925
Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft: Lehrblätter über Verbrennungstriebwagen, Wittenberge 1933
Gutehoffnungshütte: Hochbrücke Rendsburg, Vorschläge zur Frage "Tunnel oder Brücke", Oberhausen 1954
Kerber, Andreas: Rendsburger Kreisbahn, Rosas Zeiten, Schmalspur-Romantik von 1901 bis 1957, Horb am Neckar 1991
Kleinbahn Hoya-Syke-Asendorf: Betriebsbuch des T 67
Löttgers, Dr. Rolf: Die Benzoltriebwagen der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG/NAG) 1907 - 1928, erschienen im Jahrbuch für Eisenbahngeschichte 1984
Löttgers, Dr. Rolf: Die Triebwagen der Deutschen Werke Kiel, Lübbecke 1982
Loch: Triebwagen, erschienen in: Das Deutsche Eisenbahnwesen der Gegenwart, Berlin 1911
MAN Nutzfahrzeuge: H.Büssing: Mensch-Werk-Erbe, München 1986
Neubauer, Hans-Otto: Autos aus Berlin: Protos und NAG, Stuttgart 1983
Rendsburger Kreisbahn: Betriebsbuch des T1
Rendsburger Kreisbahn: Betriebsbuch des T2
Rogge, Henning: Fabrikwelt um die Jahrhundertwende am Beispiel der AEG Maschinenfabrik in Berlin-Wedding, Köln 1983
Verkehrswissenschaftliche Lehrmittelgesellschaft der Deutschen Reichsbahn: Hundert Jahre Deutsche Eisenbahnen, Berlin 1935
Viele Grüße,
Christian
harfe
Beiträge: 77
Registriert: Mi 14. Mai 2008, 17:22

Re: Die Geschichte des T 43 (ehem. T1 der Rendsburger Kreisbahn)

Beitrag von harfe »

Ein toller Beitrag, prima Christian, das ist das Forum, wie es leibt und lebt!

Schöne Grüße zurück,
Harfe
edo2401
Beiträge: 8
Registriert: So 8. Jun 2008, 12:18

Re: Die Geschichte des T 43 (ehem. T1 der Rendsburger Kreisbahn)

Beitrag von edo2401 »

Danke Christian,
endlich klare Fakten zu den verschiedenen Umbauten der Rendsburger Triebwagen, insbesondere der unterschiedlichen Anordnung des Antriebsdrehgestells nach dem Umbau. Ganz so weit war ich noch nicht. Wenn ich mir nun die Drehgestelle ansehe, dann sind es doch völlig andere als auf fast allen Zeichnungen. Selbst das Buch über "Die Fahrzeuge der Museums-Eisenbahn..." zeigt meiner Meinung nach falsche Drehgestellblenden. Zumindest weisen Fotos dahin. Lediglich in "Die Flensburger Kreisbahnen" findet man Drehgestellblenden der Art der Rendsburger Fahrzeuge. Wurde ansonsten immer wieder von einer alten Angebotszeichnung abgezeichnet? Daß nachträglich an den Drehgestellen des T43 viel verstärkt und angebaut wurde, ist nicht zu übersehen. Wann wurden am Antriebsdrehgestell die jeweils zwei langen senkrechten Gebindebolzen zur Verstärkung angebracht?
Gruß
Erhard Dohrendorf
Christian
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Registriert: Mi 12. Dez 2007, 22:14

Re: Die Geschichte des T 43 (ehem. T1 der Rendsburger Kreisbahn)

Beitrag von Christian »

edo2401 hat geschrieben: Mo 26. Feb 2018, 17:52 ... Wenn ich mir nun die Drehgestelle ansehe, dann sind es doch völlig andere als auf fast allen Zeichnungen. ... Wurde ansonsten immer wieder von einer alten Angebotszeichnung abgezeichnet? ...
In den alten Zeichnungen sind oft nur Schnittansichten der Drehgestelle gezeichnet, und die Drehgestellrahmen sind nur vereinfacht dargestellt, aber gravierende Unterschiede zu den tatsächlichen Drehgestellen kann ich nicht feststellen.
edo2401 hat geschrieben: Mo 26. Feb 2018, 17:52 ... Daß nachträglich an den Drehgestellen des T43 viel verstärkt und angebaut wurde, ist nicht zu übersehen. Wann wurden am Antriebsdrehgestell die jeweils zwei langen senkrechten Gebindebolzen zur Verstärkung angebracht?
An den Drehgestellen wurde eigentlich nichts verstärkt, lediglich die Antriebsachse mit dem Achsgetriebe wurde verstärkt. Und auf Sylt musste für den Strassenbahnbetrieb ein Bahnräumer am Drehgestell befestigt werden.
Was für Gewindebolzen meinst Du? Hast Du vielleicht ein Foto?
_______________
Viele Grüße,
Christian
edo2401
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Re: Die Geschichte des T 43 (ehem. T1 der Rendsburger Kreisbahn)

Beitrag von edo2401 »

Hallo Christian;
zu den Drehgestellen: Ich vergleiche da zum Beispiel "Die Museumseisenbahn" 3/93 Seite 17 und auch das Buch über die Rendsburger Bahn, Seite 428. Ich finde da keine rechte Übereinstimmung zu den tatsächlichen Drehgestellblenden. Natürlich kann man sich die Frage stellen, ob auf den alten Zeichnungen so etwas wie ein irgendwo liegender Schnitt angedeutet wurde. Trotzdem - die linke Seite der Zeichnung zeigt im Fahrzeugbereich einen Längsschnitt irgendwo durch die Mitte des Fahrzeugs, die rechte Seite der Zeichnung für den Wagenkasten die Außenansicht. Ich bin also davon ausgegangen, daß auch bei den Drehgestellen die Außenansicht gezeigt wird. Wenn ich mir dieses rechte Drehgestell jetzt aber noch genauer anseh, dann stimmt da noch mehr nicht. Offensichtlich wurde auf Sylt die alte Zeichnung nur geändert. So sind noch Linien vorhanden, die zu den Trittbrettern in der Originalzeichnung gehören.
Im Buch über die Rendsburger Kreisbahn sind vor den Drehgestellblenden auch die Trittbretter in der Aufsicht vorhanden. Und dahinter keineswegs die rechteckige Drehgestellblende wie wir sie kennen.
Diese unterschiedliche Darstellung zwischen vermutlich alter Angebotszeichnung und tatsächlich geliefertem Fahrzeug findet man übrigens auch bei den Flensburger Triebwagen.
Im Buch über die Fahrzeuge der Museumseisenbahn zeichnet Hartmut Brandt auf Seite 118 eine reine Außenansich des Triebwagens. Auch hier Drehgestellblenden wie ich sie beim T45 nicht finden kann.
In "Die Flensburger Kreisbahnen", Seite 75, findet man dann eine Zeichnung von W. Kupfer. Sie zeigt Drehgestellblenden der Art wie auch beim T45. Die Blenden stimmen zwar in der Größe nicht so recht, zeigen aber die rechteckige Kastenform.
Mal sehen, ob sonst noch irgendwo Zeichnungen zu den Drehgestellen auftauchen. Wie sie wirklich aussehen, das wissen wir ja.
Und, zu den von mir erwähnten Bolzen suche ich ein Bild raus und schicke das hinterher.
Gruß
Erhard
edo2401
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Re: Die Geschichte des T 43 (ehem. T1 der Rendsburger Kreisbahn)

Beitrag von edo2401 »

Hallo Christian,
will jetzt mal versuchen ob das mit dem Bild klappt:

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So, das hat geklappt. Ich meine den senkrechten Bolzen eben rechts außerhalb des Radlagers. Ein gleicher befindet sich am anderen Ende der Drehgestellblende. Irgendwie sieht das nicht so recht nach Originalzustand aus.
Hast Du dazu eine Antwort?
Gruß
Erhard
Christian
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Re: Die Geschichte des T 43 (ehem. T1 der Rendsburger Kreisbahn)

Beitrag von Christian »

So... jetzt habe ich mir die Drehgestelle erst einmal genauer angeschaut, Du hast recht, hier sind gravierende Änderungen vorgenommen worden.

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Ursprünglich waren die Hängeeisen für die Bremse nur einseitig mitten im Drehgestell angeordnet, 1957 musste die Bremsanlage komplett umgebaut werden, um die für Strassenbahnen erforderlichen kurzeren Bremswege zu erreichen. Dazu wurde auf dem Drehgestellrahmen ein U-Eisen zur Aufnahme der Hängeeisen sowie des (mittlerweile abgebrannten) Bahnräumers angebracht. Da das Drehgestell jetzt höher war wurde recht rabiat die Diagonalversteifung des Rahmens abgebrannt um Platz für die Bremskonstruktion zu haben. Das ging allerdings zu Lasten der Stabilität des Rahmens, die Übertragung der Zugkräfte geschiet jetzt ausschliesslich über die Pufferbohle auf die Längsträger.

Der Abschluss der Drehgestell-Wangen war aber von Anfang an durch die von Dir erwähnte Gewindestange hergestellt.
Viele Grüße,
Christian
edo2401
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Re: Die Geschichte des T 43 (ehem. T1 der Rendsburger Kreisbahn)

Beitrag von edo2401 »

Hallo Christian;
das kann ich soweit nachvollziehen. Leider sind die Drehgestelle auf all den alten Fotos sehr undeutlich, aber somit ist also die Form der im Original vorhandenen Drehgestellblenden geklärt.
Jetzt noch kurz zu den alten Angebotszeichnungen. Inzwischen hab ich mir mal die vierachsigen Regelspur-Triebwagen dieser Bauart angesehen - und siehe da, sie wurden, zumindest zum Teil, mit genau solchen Drehgestellblenden und Federungen ausgeliefert, wie wir sie fälschlicherweise bei den Schmalspurfahrzeug-Zeichnungen finden. Als Beispiel nur einmal der AEG-Triebwagen T165 der Kleinbahn Ihrhove - Westrhauderfehn in ME 3/2002 Seite 33. Nach der Umspurung und Einsatz bei der Kleinbahn Leer - Aurich - Wittmund finden wir dann auch hier andere Drehgestellblenden.
Ich könnte mir vorstellen, daß man damal bei der Erstellung der Zeichnungen von Hand ohne jegliche technischen Hilfsmittel hier etwas vereinfacht hat und auf Zeichnungsteile des Regelspur-Programms zurückgriff. Wie viel einfacher haben wir es heute!
Gruß
Erhard
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