Triebwagen T43 - Rosa

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edo2401
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Registriert: So 8. Jun 2008, 12:18

Triebwagen T43 - Rosa

Beitrag von edo2401 »

Sommer -
Anfang der fünfziger Jahre - wir waren damals mit der Schule im Schullandheim Bockholm-Wyk an der Flensburger Außenförde. Tage die in Erinnerung blieben. Wanderungen wie es zumindest damals üblich war, und gelegentliche Fahrten mit der Kleinbahn nach Glücksburg und Flensburg. Bewust sah ich sie in Rüde am Bahnsteig - rotblond und so richtig zum verlieben. Sehen, mehr traute ich mich nicht. Tage darauf in Flensburg. Da stand sie wieder - doch sie war es nicht! Rotblond - aber sie hatte mehr Klasse - und sie wartete... Später einmal erfuhr ich, die erste sei ihre Cousine gewesen. Der Sommer war vorbei und alles nichts als eine Erinnerung.
Einige Jahre darauf - Ferien bei unserem Onkel auf einem Bauernhof in der Nähe von Rendsburg. Schuhe sollten für uns Kinder gekauft werden und dazu ging es nach Rendsburg. Vor der Drehbrücke galt auch für Pferdewagen zu warten, wenn wieder mal die Kanalschiffahrt Vorfahrt hatte. Dann öffnete sich die Brücke wieder für den Straßenverkehr. Und dann... kam sie... rotblond wie ich sie aus den Schulferien in Erinnerung hatte. Jetzt hatte ich Mut. Wir trafen uns in den Ferien noch mehrmals - mal kam sie vorbei; ein andermal besuchte ich sie. Aber viel Zeit hatte sie nie. Was sie mir aber noch erzählte - sie seinen vier Schwestern, von denen zwei beim Vater in Flensburg wohnten. Komische Verhältnisse für unsere damalige Vorstellung von Familie.
Der Sommer ging vorbei und wir verloren uns erst einmal aus den Augen.
Ende der fünfziger Jahre - ich war inzwischen in der Lehre - ging es gemeinsam mit einem Freund zur Insel Sylt. Wir wollten uns dort mit Mädchen aus Flensburg treffen. Die trafen wir zwar auch, aber dann tauchte sie wieder auf. Rotblond wie in der Erinnerung, aber ein wenig hatte sie sich verändert - waren es die Augen? Ja, es waren die Augen, aber so richtig habe ich es damals nicht begriffen. Sie hatte auf Sylt Arbeit gefunden - ihre Schwester war auch fortgezogen, denn in Rendsburg sei keine Arbeit mehr zu finden.
Es ging wieder zurück Richtung Heimat. Jahre darauf wurde eine Familie gegründet, Kinder kamen hinzu und über viele Jahre waren Familie und Beruf der Mittelpunkt. Gelegentliche Erinnerungen an eine Kinderliebe, Jugendliebe - das verblasste langsam.
Doch das Unheil schreitet schnell. Beruflich wurde alles etwas ruhiger, die Kinder gingen aus dem Haus und irgenwie fing ich an mich wieder mit der Eisenbahn zu beschäftigen. Nein, nicht diese kleinen in den Geschenkpackungen - größere und selbst bauen, darum geht es mir. Und so landete ich vor vielen Jahren auch in Bruchhausen-Vilsen bei der Schmalspurbahn.
Gemeinsam mit meiner seit vielen Jahren angetrauten Renate durchstreifte ich das Gelände und die Gebäude. Und dann stand sie plötzlich vor mir... Situationskomik nennt man sowas - ja, nicht nur ich, auch sie war alt geworden. Von dem Rotblonden war nicht mehr viel übrig - aber die Klasse hatte sie immer noch. Einiges hatte ich meiner Frau zu erklären.
Ja, Rosa aus Rendsburg war alt geworden, aber ich hatte sie wiedergefunden und irgendwie habe ich mich neu in diesen Holz- und Rosthaufen ganz hinten in der Wagenhalle verliebt.

(Hallo Christian - das war der Grund meiner Frage nach den Außenlampen (Augen) des T43).

Erhard Dohrendorf